Rückkehr der Edelkrebse
Unterelchinger Fischer siedeln die bedrohte Tierart wieder in Gewässern an. Karpfen, Hechte, Zander – diese Fischarten setzen Fischer gerne in ihre Gewässer ein. Um sie später wieder am Haken zu haben. Die Unterelchinger Fischer gehen einen Schritt weiter. Und wildern auch Krebse aus.
von STEFAN CZERNIN
Elchingen. Ganz profan in einer Plastikkiste treten die rund 200 Edelkrebse ihre Reise in die Freiheit an. Von einer regionalen Zuchtanlage geht es im Auto zu einem der Seen des Unterelchinger Fischereivereins. Dort übernimmt Gewässerwart Jochen Fröhlich die Auswilderung der artgeschützten Wasserbewohner. Fröhlich setzt die Edelkrebse nacheinander ins Gewässer. Dort entschwinden sie schon bald aus dem Sichtfeld, die Edelkrebse machen sich in die Tiefen des Sees davon.
Bei herkömmlichen Besatzaktionen, bei denen Karpfen oder Hechte ausgesetzt werden, hoffen die Fischer, die Tiere eines Tages wieder am Haken zu haben. Das ist in diesem Fall anders. Die Krebse
werden künftig ein von den Fischern unbehelligtes Leben führen.
Die Krebspest und die zunehmende Gewässerverschmutzung hatten der Tierart stark zugesetzt, die Population schwand dramatisch. Die Unterelchinger Fischer nahmen sich vor, den Edelkrebs in der Region wieder heimisch zu machen. Die Aktion läuft bereits seit 20 Jahren. Auch um das Image der Fischer ein wenig zu pflegen, sagt Fröhlich. „Wir holen aus den Gewässern nicht nur was raus, wir geben der Natur auch wieder etwas zurück.“ Und zwar nicht nur Edelkrebse. Auch Teichmuscheln und die ebenfalls geschützten Bitterlinge siedeln die rund 180 Vereinsmitglieder in den von ihnen gepachteten Seen in den Landkreisen Neu-Ulm und Günzburg wieder an. Dazu zählen etwa der Autobahn und der Brandstätter See.
Und zwar erfolgreich: Gerade nachts könne man mittlerweile an einigen Uferabschnitten zahlreiche Krebse beobachten, berichtet Fröhlich. Der 33-Jährige ist seit einem Jahr Gewässerwart im Verein, er
lebt in Ulm. Wegen der schönen Gewässer ist er aber den Unterelchinger Fischern beigetreten.
Im Frühjahr und im Herbst werden jeweils einige hundert Edelkrebse in die Seen entlassen. Im Alter von drei Jahren werden sie geschlechtsreif, 80 bis 100 Eier tragen die Weibchen dannmit sich herum. Nur rund zehn Prozent der Babykrebse schaffen es bis ins Erwachsenenalter, sagt Fröhlich, der Rest wird von Fischen und anderen Tieren gefressen.
Edelkrebse und Fischer kommen sich an den Seen nicht in die Quere. Im Gegenteil: „Sie sind die Wasserpolizei“, sagt Jochen Fröhlich. Und verspachteln etwa tote Fische. Nur hin und wieder könne es vorkommen, dass ein Krebs den Köder von einem Angelhaken stibitzt. Das würden die Fischer jedoch gelassen und mit Fassung tragen. „Da hat die Natur Vorrang.“
© SÜDWEST PRESSE Ulm /Name des Fotograf Matthias Kessler/Text: Stefan Czernin
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